Gleich vorweg: obwohl oder gerade weil ich als Selbstständiger immer wieder Ärger mit der Zahlungsmoral mancher Kunden habe, zahle ich meine Rechnungen selbst pünktlich. Natürlich vergesse auch ich mal eine Rechnung und reagiere dann prompt auf die berechtigte Mahnung.
Aber im folgenden Fall geht es mir um den Stil und die Verhältnismäßigkeit.
Meine Freundin hat „Lisa Kochen & Backen“ abonniert, allerdings auf meinen Namen weil sie selbst ein Postfach hat und dort jegliche an ihre Wohnanschrift (bei mir) adressierte Post landet. Nun hat sie offenbar eine Abo-Rate vergessen zu überweisen und auch nicht schnell genug auf die Mahnung reagiert – sie ist derzeit im Prüfungsstress, was keine Entschuldigung aber eine Erklärung ist.
Vorhin fische ich einen Brief mit Absender „Kanzlei Prof. S., München“ aus dem Briefkasten und wundere mich: ich warte nämlich auf Post einer Kanzlei in Hamburg, die die Insolvenzverwaltung für einen säumigen Kunden übernommen hat [seit über einem halben Jahr warte ich auf eine Reaktion auf meine Forderungsanmeldung, die ich vor 14 Tagen nochmals – offenbar erfolglos – angemahnt habe]. Ich öffne kopfkratzend das an mich gerichtete Schreiben und freue mich ob der Freundlichkeit, die es vermittelt:
die vorgenannte Firma hat mich mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Bitte haben Sie verständnis. Unserer Mandantschaft blieb kein anderer Weg, nachdem Sie nicht reagiert haben.
Klar, kein Problem. Ich wundere mich zwar, dass bei einem Abo-Betrag von € 14,90 gleich eine Kanzlei eingeschaltet wird, wenn der Kunde die in der Mahnung gesetzte Zahlfrist verstreichen lässt – aber das muss jedes Unternehmen für sich entscheiden. Deswegen bin ich jedenfalls nicht auf den Rechtsanwalt sauer.
Sie haben einen Abonnementvertrag abgeschlossen, zahlen aber die fälligen Bezugsgebühren nicht. Auch auf die Mahnungen haben Sie bisher nicht reagiert.
Finde ich dann schon weniger freundlich. Um nicht zu sagen: unverschämt. Zum einen dürfte es dem Herrn Rechtsanwalt schwer fallen mir nachzuweisen, den Abo-Vertrag geschlossen zu haben. Habe ich nicht. Ich tauche nur in den Unterlagen auf, weil ich „die Lieferanschrift“ bin. Bestellt hat meine Freundin, sie hat unterschrieben. Und das natürlich nicht mit meinem Namen. Wenn man schon verhältnismäßig saftige Gebühren erhebt, sollte man auch die Unterlagen genau gelesen haben, bevor man das Standard-Schreiben abschickt (klar, das ist lästig und bedeutet Arbeit: es reicht dann nicht, einfach zu unterschreiben). Im Übrigen kann natürlich keine Rede davon sein, dass meine Freundin die Bezugsgebühren nicht bezahle. Sie hat das Abo bereits eine Weile und hat demnach frühere Rechnungen natürlich auch bezahlt. Richtiger wäre also „… haben die letzte Rechnung nicht bezahlt“ oder etwas in der Art. Von Mahnungen – in der Mehrzahl – kann ebenfalls keine Rede sein.
Man sollte, auch als größere Kanzlei mit elf Namen im Briefkopf, zwischen notorischen Nichtzahlern und solchen Kunden unterscheiden, bei denen mal eben eine Panne passiert ist. Schon gar, wenn es um die nicht wirklich astronomische Summe von – ich wiederhole – € 14,90 geht. Horrend ist im Lichte dieser Rechnungssumme die Gebührenforderung der Kanzlei: zwei Euro sind als Telekommunikationspauschale fällig und dann kommen noch 10 Euro Gebühr nach § 13 RVG, Nr. 2402 VV dazu. Das mag seine Ordnung haben, dennoch stellt es fast eine Verdoppelung der Forderung dar.
Letztlich: der Kanzlei kann das natürlich alles egal sein. In der Juristerei gehört es dazu, verbal ein wenig mit den Muskeln zu spielen. Ob es jedoch vom zu Burda gehörenden Verlag klug ist, bereits solche Kleinbeträge an das – vorsicht, Neudeutsch! – „out-ge-source-te Forderungs-Management“ zu übergeben? Ist doch klar, dass wir auf eine Forderung dieser Art – wie berechtigt sie in der Sache auch sein mag – nach Online-Überweisung des Betrages mit der Verfassung der schriftlichen Kündigung des Abonnements reagiert haben. Und dass wir selbstredend prüfen, von welchen Verlagen unsere weiteren Abonnements stammen.
Wahrscheinlich muss man der Neuen Verlagsgesellschaft mbh dankbar sein, dass sie eine Anwaltskanzlei und nicht ein halbseidenes Inkasso-Unternehmen beauftragt: ein Freund hatte da in einer ähnlichen Situation mit einem auch ähnlichen Betrag mal „richtig“ Freude…