Über die Wirkung von Keulen: Moni und „Transparency International“
Unter „Transparency Deutschland – Chronik eines PR-Desasters“ erzählt uns „Die Stimme der freien Welt“ detailreich die ganze Geschichte, über dem Interview mit der Bloggerin Moni in der Netzeitung steht die Kurzfassung:
Bloggerin «Moni» hat Ärger mit dem Anwalt – weil sie sich in ihrem Weblog negativ über die Entlassung einer Freundin geäußert hat. Die Frau, Mutter eines dreijährigen Jungen, arbeitete bei der für ihr Engagement für Offenheit und Korruptionsbekämpfung bekannten Vereinigung Transparency International.
Deren Rechtsbeistand schickte «Moni» ein Schreiben, nachdem ihr durchaus spitz formulierter Beitrag das Persönlichkeitsrecht von Transparency International verletze. Sie habe Zeit bis Sonntag, den Text aus dem Netz zu nehmen. «Moni» kam der Forderung nach – nicht jedoch ohne eine konkrete Erklärung für ihren Blog-Bericht ins Netz zu stellen sowie zuvor das anwaltliche Schreiben zu posten. Im Interview mit der Netzeitung erzählt «Moni» von dem Vorfall, der derzeit in deutschen und internationalen Weblogs für enorme Resonanz sorgt und sich für Transparency International zum PR-Desaster entwickelt.
Besonders „prickelnd“, ist die Methode, nach der hier vorgegangen wurde. Angefangen mit dem Schreiben des Justiziars der Nicht-Regierungsorganisation (NRO). An einem Freitag teilt er Moni ohne auf Näheres eingehen zu wollen („Ich erspare es mir zunächst, auf Einzelheiten einzugehen…“), sie habe die Persönlichkeitsrechte der NRO in erheblichem Maße verletzt und setzt ihr bis Sonntag frist, den Artikel aus dem Blog zu löschen. Damit sie das auch wirklich tut, kündigt er auch gleich „eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und ggf. eine einstweilige Verfügung an“ – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass sich daraus rechtliche und finanzielle Konsequenzen ergeben würden.
Juristen spielen gerne mit den Muskeln. Und ihr Vorteil gegenüber dem juristischen Laien: der kann nicht einschätzen, ob einfach nur gepokert wird oder es wirklich ernst werden könnte. Oder, wie es der Lawblogger ausdrückt: „im Zweifel ist es halt einfacher, jemanden mit juristischer Hilfe mundtot zu machen“.
Allerdings sollten sich Chefetagen und ihre Juristen überlegen, ob es aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll ist, gegen Blogger vorzugehen. Denn sowas entwickelt sich gerne sehr bald zu einem Lauffeuer. So auch in diesem Fall: In Kleinbloggersdorf fängt es an zu kochen. Das gefällt o. g. Justiziar nun überhaupt nicht und so droht er erneut – und der Lawblogger kommentiert bevor er sich der Sache annimmt.
Am Dienstag schwappt die Suppe von den Blogs in die konventionellen Medien über und die Strategie der NRO scheint nun zu sein, an der Glaubwürdigkeit von Moni im Besonderen -Grund für weitere offizielle Maßnahmen des Lawbloggers – und der Blogger im Allgemeinen kratzen zu wollen: Man fühlt sich von den Bloggern „in die Mangel genommen“. Ach nein? Und wie fühlte sich Moni, als die Mail vom Justiziar kam?
Nochmal zum Mitschreiben: Warum setzt hier eine NRO ihren Ruf auf’s Spiel? Weil sie es nicht erträgt, dass jemand ihre Einstellungspolitik kritisiert und bewertet. Nunja… es hätte natürlich sein können, dass jemand bei der Google-Suche nach „Transparency International“ über einen kritischen Blog-Eintrag aus dem Januar 2006 stolpert. Jetzt sind es halt ein paar mehr. Im Moment 246, laut Technorati.
Ahja. Laut eigener Homepage sind die Grundprinzipien der NRO: „Integrität, Verantwortlichkeit, Transparenz und Partizipation der Zivilgesellschaft.“ Ob letzteres wirklich ernst gemeint ist? Als ich diese Geschichte verfolgte, kamen mir da irgendwie Zweifel. Wie kann man einerseits Partizipation der Zivilgesellschaft fordern und gleichzeitig unliebsame Diskussionen mit der juristischen Keule angehen? Mir scheint, auch in den „seriösen Medien“ wundert man sich.
Update (30.03.): Inzwischen ist die Causa wohl abgeschlossen. Hinter den Kulissen. Transparenz wäre schön gewesen. Zu schön?