Schutzvorkehrungen vor „entwicklungsbeeinträchtigenden“ Inhalten
Als ich in der Pubertät anfing, mich für das andere Geschlecht zu interessieren, bekam ich Stilaugen bei der Dessous-Werbung in der „Brigitte“ meiner Mutter. Auch Versandhauskataloge bekamen einen neuen Reiz: die Spielzeugseiten wurden jedenfalls zunehmen langweilig. Irgendwann kaufte auch ich meinen ersten „Playboy“ – 16 war ich da sicher noch nicht, das hat am Kiosk aber auch niemanden interessiert. Natürlich bin ich auch vor dem jeweiligen „Schutzalter“ in Kinos gegangen und habe Gewalt verherrlichende Computer-Spiele gespielt, ganz ohne das OK einer Jugendschutzbehörde.
Trotzdem denke ich bei „Magnum“ an Eis oder den TV-Detektiv, besitze keine Waffe um unliebsame Menschen brutal abzuschlachten. Ich grabsche fremden Frauen in der Straßenbahn nicht an den Busen und habe auch nicht das Bedürfnis sie zu vergewaltigen, selbst wenn ihr Outfit noch so sexy ist.
Aber heute gibt es ja das Internet und deswegen kommen die armen Kindlein viel leichter als wir damals an „entwicklungsbeeinträchtigende“ Inhalte, vor denen sie daher natürlich noch viel besser geschützt werden müssen. Da ich keine Porno-Seiten ansurfe, sind die Jugendschutz-Bestimmungen weitgehend an mir vorüber gegangen. Aber nicht vollkommen: denn natürlich will ich als Erwachsener auch mal die unzensierte Version einer DVD kaufen. Und weil ich keinen Nerv auf irgendwelche Identifizierungsverfahren habe, gehe ich die „ab 18“-Version von „Kill Bill“ eben im echten Laden kaufen (wo die Kassierin die Hülle achtlos über den Scanner zieht und ich wetten würde, dass auch ein Minderjähriger wunderbar mit der nicht für ihn bestimmten Fassung des Films aus dem Laden laufen könnte).
Aber weitaus häufiger kaufe ich solche Artikel eben online, weil das schlicht bequemer ist. Noch. Weil nun der Jugendschutz auch schon für „ab 16“-Artikel verschärft werden soll, wie Heise schreibt:
Noch einen Schritt weiter gehen die Länder allerdings nun bei den Bestimmungen zur Abgabe von Bildträgern, die von der Freiwilligen Selbstkontrolle Film (FSK) beziehungsweise der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) die Kennzeichen „Freigegeben ohne Altersbeschränkung“, „Freigegeben ab sechs Jahren“, Freigegeben ab zwölf Jahren“ oder „Freigegeben ab sechzehn Jahren“ erhalten haben. Auch dafür soll „im Zweifelsfall“ eine Altersüberprüfung stattfinden, heißt es in dem von den Behörden zur Veröffentlichung vorbereiteten Papier. Danach muss ein Online-Händler künftig also eigentlich prüfen, ob ein 13-Jähriger einen „ab-16-Film“ zu ergattern versucht.
Diese zunehmenden Eingriffe des Staates nerven. Ich kann schon jetzt – obwohl ich keine Kinder habe – den Jugendschutz meines Premiere-Dekoders nicht ausschalten (wenn also ein Film „ab 16“ eingestuft ist und vor 22h ausgestrahlt wird, muss ich ihn mit der Fernbedienung für mich freischalten). Und wenn das so weitergeht, muss ich dem Online-Händler demnächst meinen Ausweis zeigen, wenn ich einen der wenigen Filme ohne Altersbeschränkung kaufen will.
Ist Jugendschutz nicht zunächst mal Aufgabe der Erziehungsberechtigten? Ohnehin können Eltern besser als eine Behörde entscheiden, ob der 15-jährige Sohn die Reife hat, einen „ab 16“-Film zu sehen oder nicht. Man sollte auch erwarten können, dass sie einen gewissen Überblick über die Einkäufe ihrer Kinder haben – und nicht glauben, die „Beschaffung“ durch solche Reglementierungen verhindern zu können.