The Land of the Free
Wie tut man einem Amerikaner, der sich bei einer Hure hat erwischen lassen, richtig weh? Richtig: man beschneidet seine „Privacy“ und stellt ihn unter Angabe von Namen und Anschrift im Internet mit Foto an den Pranger und beschlagnahmt sein Heiligstes: das Auto. Hier nachzulesen und hier zu bestaunen.
Erklärtes Ziel: „wenn Sie festgenommen werden, werden die Leute es erfahren – ihre Frau, ihre Kinder, ihre Familien, ihre Nachbarn und ihre Arbeitgeber.“ So zitiert die Netzeitung den chicagoer Bürgermeister Daley. In diesem Licht betrachtet, erscheint die Anmerkung „These individuals are presumed innocent until proven guilty in a court of law“ wie der blanke Hohn.
Irgendwie fühlt man sich – mal wieder – an das Nazi-Hetzblatt „Der Stürmer“ erinnert. Dort wurden Bürger denunziert und angeprangert, die es gewagt hatten, sich nicht vom Rassenwahn anstecken zu lassen und etwa einen jüdischen Arzt oder Anwalt zu konsultieren – oder schlicht bei Juden einzukaufen.
Zweifelsohne: die Opfer des Stürmers hatten kein Verbrechen begangen, während die Freier in Chicago immerhin ein Gesetz gebrochen haben (über das zu streiten von hier aus müßig wäre). Dennoch muss man sich wundern, dass in einer modernen Demokratie zu solchen Mitteln gegriffen wird. Mitteln, die entweder an das Mittelalter oder moderne Diktaturen erinnern.
Andererseits… Todesstrafe. Angriffskriege. Guantanamo Bay. Folter von Gefangenen im Irak…
Ich glaube, ich sollte die Politik ausblenden, wenn ich an die USA denke. Denn einen Hang zum Antiamerikanismus habe ich nicht und will ihn auch nicht entwickeln.